Hallo

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Radelnd die Welt erkunden

26. Januar 2011

Tour de South Australia - aus der Mitte des Sommers

Hallo zusammen
Eines gleich vorneweg: Wir sind gottlob weit weg von den Überschwemmungen, die momentan Queensland, New South Wales und nun auch noch Victoria in Verwüstung und Verzweiflung versetzen (etwa 2500km um genau zu sein - das ist etwa so, wie wenn wir in Griechenland wären und in Schweden die Natur verrückt spielen würde). Vielen Dank euch allen für die Nachfragen und sorgenvollen Gedanken. Uns geht es prächtig. Wir hatten einen guten Riecher, als wir uns dafür entschieden, noch eine Weile durch South Australia zu radeln und nicht bereits nach Melbourne weiterzuziehen. Soeben sind wir von der zweieinhalbwöchigen Tour durch den trockensten Staat des Landes nach Adelaide zurückgekehrt und geniessen nun nochmals für einige Tage die Grossstadt. Eine „Freundin einer Freundin einer Freundin“ hat uns ihre Zweizimmerwohnung, ein kleines Idyll mit genau der richtigen Portion Komfort, übergeben und wir dürfen uns hier so lange ausruhen, bis uns die Reiselust wieder einlullt. Wir denken, dass wir anfangs Februar (2011 - vielleicht auch 2012?) nach Melbourne aufbrechen werden.
Wir erlebten wunderschöne, abwechslungsreiche Tage auf unserer Schlaufe durch Südaustralien. Dieser Staat präsentierte sich uns bunt wie eine Collage, vielfältig wie eine Schallplattensammlung, reichhaltig wie der Inhalt von Jamie Olivers Gewürzschrank. Und hier brutzelte der Sommer wie ein Heizstrahler und trocknete das Land aus, als wollte er alles Leben zu Dörrobst garen - ein krasser Gegensatz zu den Gebieten des Landes, die von den Wassermassen regelrecht überrollt wurden. Zum Radeln waren die Bedingungen in „SA“ geradezu perfekt. Ab und zu hatten wir zwar wie üblich mit dem Wind zu kämpfen, doch mehrheitlich konnten wir sorglos strampeln und die Wunder dieses Staates wie einen Besuch in einem weitläufigen Park auf uns wirken lassen. 
Vier markante Stationen sind aus dieser Tour hervorzuheben: Die beinahe kitschigen Strände und Buchten, die sich südlich und nördlich von Adelaide an den türkisblauen, warmen Ozean klammern. Dem „Riverland“, wo der Murray River, der grösste Fluss in Australien, wie eine braune Strasse durchs flache Hinterland schlürft und Wasser für unzählige Zitrusplantagen spendet. Die Adelaide Hills, wo knorrigen Bäume wie Fabelwesen die Strasse säumen und herrlichen Schatten spenden. Und die Weinregionen, dessen Reben wie grüne Kraushaar-Perücken in den Tälern und an den Hängen liegen. 


Aldinga Beach






Eine der vielen Fähren über den Fluss




Murray River




Morgan - am Abend




Mawson Trail (nicht zu empfehlen mit Gepäck)


Riesling Trail (sehr zu empfehlen - mit und ohne Gepäck)


4000km


Adelaide Hills


Yummie!

Einmal mehr wurden unsere Reise durch herzliche Begegnungen mit anderen Menschen bereichert. Das war nach den niederdrückenden Tagen um Steve und Rachael eine wahre Wohltat. Einfach wieder fröhlich und witzig sein, über die Schönheiten des Lebens plaudern oder den Erlebnisse von anderen zuhören, ohne ständig in die Schwere einer Beziehungskrise abzurutschen. Erst im Nachhinein wurde uns bewusst, wie stark wir von der negativen Stimmung in meinem Bruders Haus eingenommen waren.
Die Tage unterwegs verlaufen mehrheitlich in einem gewohnten Rhythmus. Vieles hat sich bei uns ritualisiert und bekam eine fixe Struktur. Inzwischen sind wir ein gut eingespieltes Team, jeder weiss, was zu machen ist und vieles erledigen wir Hand in Hand. Das Nachtlager einrichten und am folgenden Tag wieder abbrechen ist mittlerweile ein Akt der Routine, der schnell erledigt ist. Und auch das Radfahren hat sich in seiner Form etabliert. Wir legen meist um die 50km zurück, bis wir den ersten Halt (Kaffee und Riegel oder gleich Lunch) einlegen. Die restlichen Kilometer nehmen wir dann gestaffelt unter die Räder, schalten mindestens noch eine Pause ein, bevor wir den Schlussteil angehen. In der Regel stoppt der Tacho zwischen siebzig und hundert Kilometer, wenn wir unser Tagewerk verrichtet haben. 
Uns gefällt, dass wir so viel draussen in dieser einzigartigen Natur sind. Es riecht hier so intensiv (v.a. nach Eukalyptus des Gummibaums) und die kunterbunte Stimmenwelt der Vögel ist ein wahre Flut von Geräuschen, die uns immer wieder aufhorchen lässt.  Und dann diese gewaltigen Landschaftsbilder, die die Brust erwärmen wie eine Pulmex Massage. Ach, es gäbe noch so viel zu erzählen. Vielleicht beim nächsten Mal...
Seid alle herzlichst gegrüsst
Kitty und Mich

2. Januar 2011

Adelaide

Hoppla, sind wir tatsächlich schon zwei Wochen in Adelaide? Die Stunden rieseln ja hier durch die Tage wie Sand in einer Faust! Uns ist es überhaupt nicht langweilig in dieser vielfältigen Stadt, die wie eine Steppdecke zwischen Hügeln und Meer ausgebreitet wurde. Wir hatten jeden Tag etwas zu entdecken oder zu erledigen, mal gingen wir an den Strand (ok, eigentlich fast täglich), mal in die City, mal in die „Hills“. Wir wanderten durch Parks und Wälder, spazierten im Botanischen Garten und am Fluss oder schwangen uns auf die Fahrräder, um die Radwege in und um die Stadt abzufahren. Und auch das Kulturelle, wie etwa Kino und Tanzen, liessen wir nicht links liegen. Ein Freund meines Bruders hat uns zudem für die Zeit, die wir hier sind, ganz spontan eines seiner Autos ausgeliehen. Ohne uns (v.a. meinen Fahrstil) zu kennen! Damit konnten wir dann auch die weitere Umgebung von Adelaide erreichen, was natürlich ein zusätzlicher Gewinn bedeutete.

Hier wohnen wir zur Zeit


unsere Gastgeber: Rachael & Steve


ein neues Bett - extra fuer uns


Einen Fixpunkt hatten wir in diesen Tagen des zuckersüssen Dahinfliessens: Sein Name ist „Bear“, er ist 4 Jahre alt, 52 Kilogramm schwer, gehört zum Stamm der Rottweiler und seine Charakterisierung kann als enorm liebenswürdig, anhänglich und verfressen beschrieben werden (gewisse Ähnlichkeiten zu Moro, Kittys Hund, sind nicht von der Hand zu weisen). Mein Bruder ist leider momentan zu sehr beschäftigt und nimmt sich nicht die Zeit, diesem Pfundskerl genügend Zuwendung zukommen zu lassen. Darum haben wir diesen Part übernommen. Zwei Mal am Tag gehen wir mit ihm (Bear - nicht Steve!) spazieren - und er liebt es natürlich, ist unglaublich dankbar und weicht fast nicht mehr von unserer Seite. So schnell gewinnt man Freunde!

Steve und Rachael befinden sich zur Zeit in einer Beziehungskrise und für uns ist es nicht immer einfach, zwischen ihnen zu sein. Manchmal surren Spannungen im Haus, als würden wir in einem Atomreaktor wohnen. Und es tut uns auch weh, zu sehen, wie schwer es sich die beiden machen. Wir reden viel über sie und darüber, was in einer (oder unserer) Partnerschaft wichtig ist. Uns wird hier wieder mal bewusst, daß es nicht selbstverständlich ist, in einer guten Beziehung zu sein und daß man dafür auch investieren, geben und nehmen muss. Beziehungsprobleme zu haben kann ja so anstrengend und ermüdend sein. Die, die uns und unsere Geschichte kennen, wissen, dass Kitty und ich nicht immer einfache Zeiten hatten. Es scheint aber, daß wir dadurch viel gelernt haben und nun schöpfen können, von dem, was wir in den letzten Jahren erarbeitet haben. Wir genießen die wunderbaren, unbeschwerten Tage, die wir miteinander teilen können und wir genießen die Vertrautheit, die in all den Jahren mit uns gewachsen ist. Obwohl wir doch nun fast pausenlos auf engstem Raum zusammen sind, kommt selten Missstimmung zwischen uns auf. Wir schätzen es, so viel Zeit miteinander verbringen zu können und gemeinsam die Schönheiten des Reisens erleben zu dürfen. Jeden Tag sagen wir aufs Neue, wie privilegiert wir doch sind, ein solches Glück leben zu können. Wir sind mit den Fahrrädern unterwegs, doch mehrheitlich befinden wir uns auf einem Höhenflug!

Eigentlich könnten wir ja noch ewig in Adelaide verweilen, so sehr gefällt es uns hier. Aber meine Waden jucken, als würden Ameisen darin herumwühlen. Ganz zögerlich und behutsam, so als wäre er eine lauernde Wildkatze kurz vor der Attacke, zwingen wir uns darum, dem Aufbruch ins Auge zu blicken. Die Velos und die Ausrüstung sind überholt und warten nur darauf, an die frische Luft zu kommen. Und so haben wir uns einen Termin gesetzt, um das Ganze ein wenig offiziell zu machen und uns die Gründe fürs Längerbleiben zu erschweren: Am 5. Januar werden wir unsere Taschen an die Räder hängen und weiterziehen. Wir werden für zwei bis drei Wochen eine Runde durch „South Australia“ machen und dann nochmals nach Adelaide zurück kommen. Ende Januar trifft meine Mutter hier ein und da wollen wir doch ein paar Tage mit ihr verbringen.

Bis bald wieder einmal.

Mich & Kitty