Auf unserer Straßenkarte gibt es südlich von „Hat Yai“ keine Querverbindung von Osten nach Westen – das fanden wir doch eher außergewöhnlich und darum gingen wir in einen Buchladen, um noch andere Karten in unsere Planung miteinzubeziehen. Wir hatten Glück und fanden sogar zwei verschiedene Exemplare und auf beiden war - ein Schmunzeln glitt auf unsere Gesichter – eine Straße eingezeichnet. Klar und deutlich war da die „4145“ aufgedruckt, eine schmale Linie, die sich wie ein Schnürsenkel übers Papier gelegt hat. Bingo! Das erspart uns eine lange Tour auf der Hauptstraße und einen großen Umweg.
Dank dieser Entdeckung müssen wir lediglich 25km auf der stark befahrenen Hauptroute zwischen Thailand und Malaysia radeln, dann aber können wir den lauten und stinkenden Autofluss verlassen und auf die „4145“ abbiegen. Von da an würde es sicher ruhiger zu und her gehen. Die „4145“ sieht auf der Karte im Vergleich zum tosenden Highway wie ein Bach, wie ein Rinnsal aus.
Und so war es auch. Wir verließen „Hat Yai“ gegen Süden und nach einer Stunde kurbeln im dichten Verkehr erschien die Tafel mit der Nummer „4145“, die uns nach Westen wies. Wir bogen ab und sofort wurde es um einiges ruhiger. Das war ein Genuss. Die Straße bohrte sich durch dichten Dschungel, ab und zu entdeckten wir ein Häuschen im Unterholz, ansonsten war nicht grad viel los hier. Der Kilometerstein am Wegrand verkündete, dass es weitere 25km geht, bis zum nächsten größeren Ort. Perfekt! Dort konnten wir unsere Mittagspause einlegen und unsere Wasserflaschen auffüllen.
Es war eine schöne Fahrt auf der „4145“. Kaum Verkehr, dafür ein Crescendo an Vogelstimmen, die aus dem dichten Grün kullerten. Flott kamen wir voran und mit jedem zurückgelegten Kilometer erschien uns die Gegend verlassener. Das merkten wir daran, dass immer weniger Menschen unseren Weg kreuzten, aber auch anhand des Straßenbelags, der zusehends rauer wurde. Als dann die Vegetation verdächtig nah an die Asphaltkante kroch und alsbald sogar wuchernd über den Teer schwappte, wurde ich zum ersten Mal skeptisch. Da wurde offensichtlich nicht mehr viel wert auf den Unterhalt der Straße gelegt. Warum das? Kein Geld? Unfähige Politiker? Korruption? Faulheit?
Fein säuberlich stand weiterhin nach jedem Kilometer am Wegrand ein weißer quadratischer Stein, der uns sagte, dass wir wieder tausend Meter zurückgelegt haben, respektive, dass es einen Kilometer weniger dauert bis zum Mittagshalt. Als wir beim 25. Stein ankamen, war da nichts, was einem Dorf auch nur annähernd geglichen hätte. Es standen lediglich ein paar einzelne Hütten verteilt im Wald, kein Laden, kein Restaurant, nichts, was nach Verpflegung aussah, war zu erkennen.
„Ach, bestimmt kommt die Siedlung noch.“
Wir kurbelten weiter. Doch viel weiter kamen wir nicht mehr. Denn der Asphalt hörte abrupt auf. Plötzlich war es nicht mehr schwarzgrau unter unseren Reifen, plötzlich war da Erde und Staub; einen glatten Belag war nicht mehr auszumachen. Wir rumpelten noch einige hundert Meter weiter über die Piste - man weiß ja nie, vielleicht ist es ja nur eine Baustelle - doch eigentlich versuchten wir uns nur selbst zu täuschen. Denn es war offensichtlich. Wir waren am Ende des Weges. Da gibt es wohl kein Weiterkommen mehr.
Zum Glück kam ein Auto!
Wir stoppten den Fahrer und fragen gestikulierend, ob diese „Straße“ weitergeht. Obwohl der Mann kein Wort Englisch sprach, war sein Winken und Kopfschütteln unmissverständlich. Uns wurde schnell klar, was wir zu fürchten begonnen haben. Wir hatten den Endpunkt der „4145“ erreicht. Es ging nicht weiter in den Westen, der schöne Bach, auf dem wir da durch den Dschungel gehüpft sind, versiegte hier.
Der Mann konnte uns auch relativ rasch überzeugen, dass es keinen anderen Weg in den Westen gibt, als den über „Hat Yai“. Was das heißt, wollten wir uns grad nicht vorstellen. Mir kam es aber so vor, als hätte ich einen Veloschlauch geflickt und kurz nachdem ich das Rad wieder eingebaut hatte war der Reifen erneut platt.
Vorerst machten sich aber unsere Mägen bemerkbar. Wir wendeten und fuhren langsam zurück. Vielleicht hatten wir ja vorhin eine Imbissbude übersehen. Doch weit und breit war nichts auszumachen. Einzig vor einem Haus sahen wir jemanden in einem großen Wok rühren. Wir steuerten darauf zu. Es war eine Familie, die in der Pfanne Bananen frittierte, wohl aber kaum zum Verkauf gedacht. Unser Gruß wurde von den Leuten herzlich erwidert und als wir mit Händen und Füßen unser Anliegen vorbrachten, winkte man ab. Hier gab es kein Restaurant. Aber zum Glück sind wir in Thailand. Hier sind die Menschen überaus hilfsbereit und freundlich. Man deutete uns an, am Tisch vor dem Haus abzusitzen. Uns wurden Becher mit Wasser hingestellt und zwei Teller, gehäuft mit ebendiesen frittierten Bananen. Mit einem einladenden Lächeln und einer schwungvollen Handbewegung gab man uns zu verstehen, dass wir zugreifen sollen.
Es waren wohl die besten Bananen, die wir je hatten. Bald waren wir wieder gestärkt, um den Rückweg unter die Räder zu nehmen. Uns wurde noch ein Sack dieser köstlichen Speise unter den Arm geklemmt, dann folgte ein beseelter Abschied – so als hätten wir hier schon ein paarmal Halt gemacht.
Und so kam es, dass wir halt noch eine Nacht mehr in Hat Yai geschlafen haben. Ich habe übrigens dann noch auf „Google Maps“ nachgeschaut (hätte ich besser vor der Tour gemacht – aber man lernt ja nie aus) und da war gut zu erkennen, dass die „4145“ nicht durchgehend in den Westen führt. Tja...
Sawadii Krap, Hallo zusammen
Mittlerweile sind wir also im Süden von Thailand unterwegs. Die Überquerung der Grenze verlief problemlos und binnen weniger Meter schlüpften wir in eine andere Kultur, denn Thailand und Malaysia unterscheiden sich in etwa so, wie eine frittierte Banane von Apfelmus oder wie Italien von der Schweiz. Es gibt also viel Neues (wieder) zu entdecken und auszukundschaften.
Radfahren an der Westküste von Malaysia war nicht ein großes Vergnügen. Viel zu viel Verkehr. Wir können aber sagen, dass die Malaien sehr angenehme und rücksichtsvolle Autofahrer sind. Nie wurde es eng oder gefährlich. Wir fühlten uns sehr sicher in ihrem dichten Strom von Fahrzeugen. Aber eben, der Wohlstand des Landes drückt sich deutlich in der großen Menge an Autos aus, und es macht einfach keinen Spaß, darin mit dem Velo herumzustrampeln. Alternative Fortbewegungsmittel? Umweltschutz? Darüber denkt da wohl kaum jemand nach.
Nebst dem Verkehr erlebten wir aber Malaysia sehr positiv. Das Land ist fortschrittlich, bietet eine super Infrastruktur und ist überaus polykulturell. Für uns war es spannend, zu sehen, wie sich Malaien, Inder und Chinesen den Alltag teilen und miteinander in Frieden leben. Man muss sich das vorstellen: Moslems, Hindus und Buddhisten in einem Pott – und es funktioniert! Politisch rechts gesinnte Menschen, wie es sie weltweit leider haufenweise gibt, würden epileptische Anfälle kriegen, wenn sie sich ein solches Szenario nur schon vorstellen müssten. Mir kommt immer wieder in den Sinn, dass vor zwei Jahren die Schweizer Bevölkerung in einer Abstimmung ein Verbot von Minaretten bewirkt hat (wofür ich mich als Schweizer sehr schäme). Von Malaysia könnte die Welt punkto Offenheit und Toleranz viel lernen.
Wir jedenfalls begegneten extrem freundlichen, hilfsbereiten, neugierigen und auch interessierten Menschen. Von Fremdenfeindlichkeit keine Spur. Viele sprechen sehr gut Englisch, was die Unterhaltungen mit ihnen um vieles erleichterte. Und wir hatten einige spannende und interessante Gespräche.
Im Moment befinden wir uns in „Trang“. So wie es aussieht, werden wir hier eine Zeitlang hängen bleiben, denn seit gestern schüttet es vom Himmel, als wäre dort oben ein Damm gebrochen. Laut Wettervorhersage soll dieses Spektakel noch einige Tage andauern. Darum haben wir uns in einem schönen und ruhigen Zimmer einquartiert und erledigen so Sachen, wie Reisebericht und Emails schreiben – dazu Kaffee trinken und Kuchen essen.
Euch grüßen wir mit einem Lächeln
Mich (& Kitty)
Folgend noch ein paar Bilder
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Ice Coffee aus dem Beutel |
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Die Brücke nach Penang |
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Lecker! |
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"Wunderschönes" Hat Yai |
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Teeplantagen |
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In den Cameron Highlands (Malaysia) |
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Nichts für Vegetarier |
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Warten bis der Regen vorbei ist |
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Typisches Radler-Zimmer |