Hallo

Hallo
Radelnd die Welt erkunden

28. Februar 2011

Adelaide nach Melbourne



Es passierte um vier Uhr morgens. Seit drei Tagen rüttelt, zerrt und reisst ein Orkan an allem, was sich ihm in den Weg stellt. Und nun wurde auch unser Zelt ein Opfer seiner Wut, seiner unbändigen Kraft und Aggression. Die hintere Stange konnte einfach nicht mehr entgegenhalten und brach erschöpft entzwei. Mit einem lauten Stöhnen drückte sie sich durch ihren Kanal, riss eine lange, offen Wunde auf und das Zelt fiel in sich zusammen wie ein platzender Luftballon. Innert Sekunden waren wir hellwach!
Was für ein Dilemma!
In finsterer und feuchter Nacht aus dem warmen Schlafsack zu kraxeln und wie ein Höhlenforscher durch einen Tunnel aus Nylon zu robben macht keinen Spass. Zum Glück hatten wir eine Hülse dabei, mit der ich die Bruchstelle stabilisieren konnte, ähnlich, wie wenn man einen gebrochenen Knochen schient. So konnten wir wenigstens das Zelt einigermassen aufrichten und hoffen, dass es bis zum Morgen hält. Was es dann auch tat.
An Schlaf war natürlich nicht mehr zu denken. Die Gedanken spickten durch den Kopf als wären sie an ein Gummiseil gebunden. Brauchen wir nun ein neues Zelt? Nein, wir wollen kein anderes, wir sind so happy mit diesem! Wäre es also möglich, es zu flicken und wenn ja, wie? Wo könnten wir Ersatzstangen auftreiben? Wie könnten wir den ausgerissenen Kanal flicken? 
Als wir bei Tageslicht das Malheur inspizierten, war schnell klar, dass wir das Zelt flicken wollen. Mit viel Geduld schaffte es Kitty dann auch, den Kanal zuzunähen. Super! Das grössere Problem war die Aluminium-Zeltstange. Solches Gestänge sieht man hier nicht oft, hier findet man meistens schweres Fiberglas, das bestimmt nicht die gleiche Grösse hat wie unser High-Tech-Teil. Wo um alles in der Welt kriegen wir also solches Ersatzmaterial her? Wir befinden uns am Anfang der „Great Ocean Road“, da kommt für die nächsten dreihundert Kilometer keine grosse Ortschaft, da ist nix, was einem Outdoor-Shop auch nur im Entferntesten gleichen könnte. Die beste Option wäre Warnambool, eine recht grosse Stadt, wo wir vor ein paar Tagen waren. Dort haben wir Camping Geschäfte gesehen. Das hiesse also wieder zurückfahren. Wir hatten aber beide keine Lust aufs Retourradeln, nicht bei diesem Wind, nicht, wenn es sich nicht um ein Handtuch aus biologischer Baumwolle handelt! Also gingen wir zur Rezeption des Campings, um zu fragen, ob es einen Bus nach Warnambool gibt. Dean und Sarah, die Inhaber des Caravan Parks, lachten nur, als wir mit unsere Frage in ihrem Büro auftauchten. Willkommen in Australien, da hat jeder ein Auto, da fahren keine Busse, zumindest nicht am gleichen Tag hin und wieder zurück! Nein, die Idee können wir uns aus dem Kopf schlagen. Kein Bus in die Stadt. Unsere Maulecken knickten nach unten wie gebrochene Blumenstengel (oder Zeltstangen).
Irgendwie fühlten sich unsere „Gastgeber“ wohl etwas schuldig, jedenfalls begannen sie zu diskutieren, was es noch für Varianten gäbe. Nach einem kurzen Wort- und Blickwechsel waren sich die beiden einig, dass es nur eine vernünftige Lösung gibt: „Ihr könnt unseren Ute (eine Art Minilastwagen im Autoformat) nehmen, eine andere Alternative sehe ich nicht“, meinte Dean, als wäre es die natürlichste Sache der Welt, sein Auto an Wildfremde auszuleihen. Unsere Maulecken bogen sich wieder nach oben, als hätte ein Höhlenforscher sie mit einer Hülse stabilisiert. So überwindet man hier Hürden! Dean fragt nicht einmal, ob ich einen Führerschein habe oder ob ich versichert sei. Das Einzige, was er lediglich wissen wollte, war, ob ich handgeschaltet fahren kann.
Und so kam es, dass Kitty und ich im Service-Auto des Campings, dessen Inneres mehr einem Kaninchenstall als einer Kabine glich, wie Australische Bauern in die grosse Stadt tuckerten, um unsere Besorgungen zu machen. Dies allein war all der Trubel wert. 
Wie ich befürchtet hatte, war es nicht einfach, eine Aluminiumstange aufzutreiben. Doch auch in dieser Hinsicht sollte uns das Glück nicht im Stick lassen. Im dritten Geschäft fanden wir endlich, was wir brauchten. Dass dieses Gestänge viel zu kurz war ist nur ein kleines Detail, das mit der Liebenswürdigkeit des Verkaufspersonal behoben werden konnte. Man organisierte eine Metallsäge und machte aus zwei kurzen Stangen eine lange und schon war unser Problem zerbröselt wie Sägestaub. Nur noch kleine Fragmente, Kratzspuren und eine wunderschöne Naht am Stangenkanal zeugen davon, dass wir ein Vieruhrfrühdilemma durchgemacht haben.
Was das Leben doch nicht alles zu bieten hat!
Hallo zusammen
Inzwischen sind wir in Melbourne, diesem interessanten Knäuel aus Beton, Stahl und Glas, eingetroffen. Der Sturm hatte sich nach ein paar Tagen zurück in sein Loch verkrochen und unser reanimiertes Zelt schenkte uns Schutz wie zu seinen besten Zeiten, so dass wir unseren Weg über die „Great Ocean Road“ sorgenfrei fortfahren konnten. Die Reise von Adelaide hierher war sehr abwechslungsreich und gespickt mit  vielen Erlebnissen, ein richtiges Potpourri aus Impressionen und Gefühlen. Einmal mehr gäbe es viele Geschichten zu erzählen, über die wunderbaren Menschen und Tiere, die unseren Weg kreuzten, über das Wetter, das auch in diesen drei Wochen Purzelbäume wie ein Kunstturner schlug, über die sehr vielseitige Landschaft, durch die wir gerollt sind und nicht zuletzt auch über die verschiedene Schlafplätze, wo wir die Nächte verbracht haben. Drei Wochen können ganz schön intensiv sein! Langweilig war es uns auf jeden Fall nie.
Wir sind etwas müde, aber im Grossen und Ganzen wohlauf. Kitty hat wieder Zahnschmerzen und muss nochmals zum Arzt und ich muss momentan mein Sitzfleisch etwas pflegen, weil ich nicht wahrhaben wollte, dass mein Sattel altersschwach geworden ist. Nun stülpen wir Maske und Schnorchel über und tauchen wir für einige Tage in das multikulturelle Grossstadtleben ein, das einen enormen Kontrast zu den Reisetagen auf dem Fahrrad bieten wird. Ab Mittwoch sind wir bei einer Familie zu Gast, die wir auf einem Camping kennengelernt haben. Sie wohnen in einem grossen Haus ganz nahe beim Stadtzentrum. Das wird sicher sehr spannend für uns und wir freuen uns sehr darauf.
Seid herzlichst gegrüsst
Kitty & Mich





Nochmals am Murray River

Beiges, trockenes South Australia

Mittagspause

Märchenhaftes Port Fairy



Kitty Geburtstagsgeschenk: 3 Nächte im Cottage


Grünes, feuchtes Victoria


Morgennebel!

Emu

Koala (für einmal nicht im Baum)


Strassenschild


an der Kante des Kontinents

spektakuläre Küste





Melbourne

Short Trip? Just do it!



25. Februar 2011

Das alte Haus von Rocky Docky

Es ist ein wunderbarer Tag heute. Nicht zu heiss und nicht zu kalt. Nur ein leichter Wind säuselt aus Südwesten und hilft uns dabei, die Distanz zu schlucken. Wir rollen auf einer guten Strasse mit wenig Verkehr und geniessen das unbeschwerte Kurbeln. Viel früher als erwartet treffen wir dann auch schon in Murrayville ein, wo wir gedachten, die Nacht zu verbringen. Da wir morgen eine lange Etappe vor uns haben und weil es heute so gut läuft, entscheiden wir uns, noch ein paar Kilometer anzuhängen und dann irgendwo im Freien zu zelten. Die Bedingungen sind geradezu ideal dafür. Wir finden in Murrayville sogar einen Wassertank, an dem wir unseren Sack auffüllen können. Essen haben wir auch genügend dabei. Somit ziehen wir weiter, immer geradeaus durch das weite Agrarland, das nur gelegentlich durch Gestrüpp und Bäume unterbrochen wird. Es geht flott voran und nach einer Stunde halten wir Ausschau nach einem geeigneten Fleck für unser Nachtlager. Links taucht ein Rastplatz für LKWs auf und wir steuern hinein. Hier ist es uns aber nicht wohl und wir rumpeln zurück auf die Landstrasse. Nur einige Biegungen später kommen wir in eine kleine Ortschaft, wo ein paar wenige Häuser sich hinter den Büschen ducken, wie Kinder, die verstecken spielen. Rechterhand zweigt ein schmaler Weg vom Highway ab und wir folgen ihm. Es geht an zwei Höfen vorbei, danach sind wir bereits wieder vom Buschland umgeben. Wir halten und schauen uns um, da hören wir aus der Richtung der Farmen einen Motor aufheulen. Ein Motorrad, so nehmen wir an, macht sich in unsere Richtung auf. Und tatsächlich erscheint Sekunden später ein alter Mann in einem blauen, ausgebleichten Overall auf einem Quad, eines dieser Motorräder mit vier Reifen. Neben ihm rennt ein bellender Hirtenhund. Hier draussen bleibt man wohl nicht lange unentdeckt.
Jeff, so der Name dieses alten Mannes, begrüsst uns mit dem hier üblichen „How‘s going?“, das er wie einen Kaugummi durch die Zahnlücken presst, und fragt, was wir denn hier wollen. Wir erklären ihm, dass wir gerne irgendwo abseits campieren möchten und fragen ihn auch gleich, ob er uns einen Platz empfehlen könne. Das muss sich Jeff erstmal überdenken. Jedenfalls sagt er einen Moment nichts mehr, schweigt, als wäre er ausgeschaltet. Wahrscheinlich klassifiziert er uns in seinen Gedanken und wägt ab, ob wir auch vertrauenswürdig sind. Ja, meint er dann, er könne uns zur alten Schule führen, dort könnten wir ruhig die Nacht verbringen, es habe dort, wenn es ihm recht sei, sogar Wasser. Bingo! Kitty und ich schauen uns an und lächeln. Jeff dreht seinen Quad und wir folgen ihm einige Meter über einen Sandpfad durch die Büsche bis er vor einem alten, kleinen, verwahrlosten Gebäude stehen bleibt. Automatisch kommt mir das Lied vom „Alten Haus von Rocky Docky“ in den Sinn. Dies sei mal die Schule gewesen, er sei hier unterrichtet worden, damals vor dreiundachtzig Jahren! Nun stehe das Haus aber schon lange leer. Mit etwas Fantasie lässt sich der von Grasbüschel überwachsene Betonboden als Pausenplatz erkennen und wir versuchen uns vorzustellen, wie hier Kinder rumgerannt sind. Früher hätten hier viel mehr Menschen gelebt, erzählt Jeff, wie wenn er unsere Gedanken erraten könnte, nun wohne aber nur noch er mit seiner Familie hier. Er zeigt in Richtung der Höfe und sagt, wir sollen uns ruhig melden, wenn wir etwas bräuchten. Dann lässt er seinen Motor aufheulen und braust in eine Staubwolke gehüllt davon. Wir stehen da wie Wachsfiguren, die Mäuler offen wie hechelnde Fische, können unser Glück noch gar nicht fassen. Der Platz ist einfach perfekt. Auf der Vorderseite des Hauses hat es tatsächlich noch einen Trog mit fliessendem Wasser. Und sogar eine Toilette finden wir, als wir die Umgebung auskundschaften. Was will man mehr!
Wir schlagen unser Nachtlager auf, waschen uns und kochen dann das Abendessen. Als wir gemütlich mit einem Tee vor dem Zelt sitzen hoppelt nochmals Jeff auf seinem Quad heran. Er wolle nur fragen, ob alles in Ordnung sei. Wenn wir möchten, könnten wir auch bei ihnen duschen, das habe er vorhin ganz vergessen zu sagen. Das ist aber nicht nötig, denn wir konnten uns ja am Wasserhahn frisch machen. Wir fragen Jeff über das Dorf und das Leben hier aus und er will auch über uns das eine und andere in Erfahrung bringen. Wir staunen über seine Offenheit und seine Verbundenheit mit diesem Ort. Seit er aus der Schule gekommen ist arbeitet er als Schafzüchter und nun hat sein Sohn die Farm übernommen. Wenn wir wollen, sollen wir doch morgen früh zum Schopf kommen, dort würden sie nämlich die Schafe scheren, etwa 500 an der Zahl. Das werden wir gerne machen, vielen Dank für alles, Jeff! Have a good night!




7. Februar 2011

Mintfarbene Liebe

Hallo

Die Geschichte, die ich euch hier erzähle, beginnt und endet in Burra. Ach was, eigentlich hat sie vor ziemlich genau einem Jahr in Thailand begonnen. In Sukothai, um ganz präzis zu sein. Dort habe ich mir nämlich auf einem Nachtmarkt das perfekte Handtuch für Veloreisende erstanden. Perfekt deshalb, weil es enorm leicht ist, dazu saugfähig und schnell trocknend. Und erst noch aus angenehmer Baumwolle gefertigt, obwohl Kitty behauptet, es sei synthetisches Material. Ich will das nicht wissen. Für mich ist es hautfreundliche Biobaumwolle - jedenfalls fühlt es sich so an und ich liebe es. Perfekt aber auch deshalb, weil es genau die richtige Grösse hat, um es um meine Taille zu wickeln. So kann ich nach dem Duschen wie ein indischer Brahmane zur Rasur schreiten, was ich einfach super bequem finde. Dieses mintfarbene Stück Stoff ist eines der besten Utensilien, die ich bei mir habe. Ich möchte es nicht mehr missen. Und darum geht es hier. So komme ich wieder auf Burra zurück, dem kleinen Ort im ländlichen South Australia, wo Radfahrer wohl so selten auftauchen wie Ausserirdische an einer Schweizer Viehschau. An dem Tag, als wir nach Burra einfahren, sprudeln Wildbäche vom Himmel, es ist, als radeln wir in einem Wasserpark. Dieser Umstand alleine hätte gereicht, um ein Hotelzimmer dem Camping vorzuziehen. Doch unser Budget, das ohnehin hier im teuren Australien völlig überstrapaziert wird, drängt uns zum Zeltplatz. Dort werden wir dann Zeugen eines vermeintlichen Jahrhundertereignisses. Denn unter dem einzigen kleinen Unterstand, der sich auf dem Camping befindet, stehen an die vierzig junge Menschen in Radlerkleidung, ein Knäuel Lycra, so fehl am Platz wie Aliens auf einem Rodeo. Was um alles in der Welt haben die hier zu suchen? Wir erfahren, dass dies amerikanische Studenten sind, die sich auf einer geführten Radtour durch South Australia befinden und hier die Nacht verbringen. Man glaubt es nicht. Mindestens vierzig kleine Zelte stehen auf der spärlichen Rasenfläche in Reih und Glied, Zeltwand an Zeltwand, wie auf einem dieser Musikfestivals, wo Privatsphäre für mehrere Tage keine Existenzberechtigung hat und wo man sich nur mit viel Glück in sein eigenes Zelt legt. Für unser Zelt findet sich nicht ein grüner Fleck mehr. Doch wir sind darüber alles andere als unglücklich. Im Gegenteil: Was für eine gute Entschuldigung, halt doch ein Zimmer im Hotel zu nehmen. 
Mit fünfundfünzig Dollar alles andere als budgetfreundlich, doch dafür trocken, mit reichlich Privatsphäre und, jetzt kommt‘s, mit einem grossen Badetuch. Und genau dieses fremde, frisch gewaschene Badetuch bringt mich irgendwie aus dem Konzept. Jedenfalls gerät meine Routine ins Schleudern wie eine Kugel im Flipperkasten und ich lasse mein über alles geliebte Handtuch unbenützt im Zimmer liegen, wo es aus mir unerklärlichen Gründen vergessen gerät.
Dies bemerke ich zu meiner Verzweiflung erst am folgenden Tag, als ich nach einem schweisstreibenden Tag auf dem Rad, hundert Kilometer entfernt von Burra, die Dusche aufsuche. An die fünf Mal durchwühle ich meine Radtaschen, doch das Tuch bleibt unauffindbar. Für mich stürzt ein ganzes Universum zusammen! Ich ärgere mich grün und blau. Welch Tödel ich doch bin!  
Für Kitty sind die nächsten Tage nicht leicht. Immer wieder jammere ich ihr die Ohren voll über diesen eminenten Verlust. Für sie ist mein Geheule nicht nachvollziehbar. Es ist ein Stück Stoff, na und? Was soll das Theater, du wirst doch wieder ein Ersatz finden! Lass  es los! Es ist es nicht wert!
So einfach ist das aber nicht für mich! Mit jedem Tag, den wir uns weiter von Burra entfernen, steigt meine Wehmut, bricht mein Herz in tausend Mosaikstücke. Klar treibe ich ein neues Tuch auf, denn schliesslich muss ich mich nach dem Duschen ja irgendwie abtrocknen, aber an die Qualitäten meines Thaituchs kommt es niemals ran. Ich spiele sogar mit dem Gedanken, mir ein Auto oder ein Taxi zu besorgen, um nach Burra zurück zu fahren. Den verwerfe ich aber dann doch wieder - einfach der Vernunft willen. 
Nach Tagen des Klagens kapituliere ich schliesslich und finde mich damit ab, dass mein Tuch nun von einem anderen Hotelgast als Fussmatte oder von der Putzfrau als Lappen benutzt wird. Hoffentlich lieben sie es wenigstens auch so sehr wie ich es tat.
Und dann ändert sich das Wetter.
Für die kommenden Tage wird ein Sturm aus Süden angekündigt, genau aus der Richtung, die wir eigentlich anpeilen wollten. Für uns ist die Entscheidung schnell gefällt. Wir fahren sicher nicht wieder gegen den Wind; nicht, wenn wir nicht unbedingt müssen. Darum beugen wir uns wie trinkende Giraffen über die Strassenkarte und studieren, wo uns der Wind denn hinschieben könnte. 
Ich mach‘s kurz: Unsere neu beschlossene Tour bringt uns nach Clare, eine wunderschöne Weinregion, wo es sich lohnt, ein paar Tage zu verweilen. Und Clare liegt nur 45km westlich von Burra. Na, alles klar?
Ich kann der Versuchung einfach nicht widerstehen. Kitty macht sich in Clare einen gemütlichen Tag auf dem Camping und ich schwinge mich aufs Fahrrad und radle nach Burra. Alle paar Kilometer schicke ich ein Stossgebet gegen den Himmel, verspreche jedem und jeder, von nun an ein braves, gutbürgerliches Leben zu leben, wenn nur mein geliebtes Handtuch aus thailändischer Biobaumwolle wieder zurück in meinen Besitz kommt. Die Hoffnung in mir wächst wie ein mit Hefe angereicherter Brotteig. Dass ich mit Fliegen und Hitze zu kämpfen habe und mich vor lauter Euphorie gleich zwei Mal verfahre, spielt dabei keine Rolle. Vor meinen inneren Auge wedelt nur noch mein mintfarbenes Tuch und fächelt mir Frische zu.
Vor dem Hotel atme ich ein paar Mal tief durch, so als möchte ich einen neuen Weltrekord im Freitauchen aufstellen, dann schreite ich zur Anmeldung. Die Frau hinter dem Tresen erkennt mich wieder („na, immer noch am Radeln?“) und ich erkläre ihr den Grund, warum ich wieder hier bin. Oh, meint sie, von einem Handtuch wisse sie nichts, da müsste man schon die Putzfrau fragen, die sei aber nicht da und sie könne auch gar nicht sagen, wann sie komme. Sie wisse nur, dass sie Fundgegenstände zwei bis drei Tage aufbewahren und dann entsorgen, denn man kann schliesslich nicht alles hüten, wie ich mir sicher vorstellen könne. Doing! Meine Hoffnung bröckelt wie Sandstein. Es ist nun über eine Woche her, dass wir hier waren. Meine Enttäuschung muss sich offensichtlich über meinem Gesicht ausgerollt haben, wie ein fliegender Teppich, jedenfalls sagt die Frau zu mir, ich solle kurz warten, sie gehe mal nach hinten, um nachzuschauen, ob sie etwas finde. 
Nach einigen Minuten, für einen ungeduldigen Menschen wie ich es bin sind es Stunden, kommt sie wieder zurück. Hinter ihr eine ältere Frau. Welch Wunder, es ist die Putzfrau! Ja, sagt diese, sie möge sich an einen kleinen Fetzen erinnern (sie nennt es nicht Handtuch, grr!), sie gehe mal nach hinten und schaue nach, aber versprechen könne sie nichts, denn in der Regel werden Fundsachen bla bla bla. Wieder vergehen Stunden. Vor mir türmt sich der Hügel aus Sand.
Was nun kommt, ist nicht leicht zu beschreiben. An Folgendes kann ich mich erinnern: Da wird eine Tür geöffnet und grelles Licht durchflutet den Raum. Im Türrahmen erscheint ein Engel, wohl die heilige Jungfrau Maria oder Mutter Teresa, das weiss ich nicht mehr so genau. Jedenfalls sind ihre Arme vor dem Bauch verschränkt und darin wiegt sie etwas, ein Bündel, ein mintfarbenes Packet aus thailändischer Biobaumwolle, frisch gewaschen.