Hallo

Hallo
Radelnd die Welt erkunden

30. Mai 2011

Bali - verstümmeltes Paradies

Selamat Datang
So, nun habe ich doch noch meine „Feucht-Schwül-Ferien-Lethargie-“ abschütteln können und Motivation zum Schreiben gefunden. Hier ein paar Gedanken zu den ersten Wochen in Asien:
Mit der Ankunft auf Bali stolperten wir in einen völlig anderen Kosmos. Sobald wir den Flieger verlassen hatten, war vieles anders. Wir nahmen uns in Sanur, ein Fischerdorf im Süden der Insel, das heute vorwiegend vom Tourismus lebt, ein Zimmer und liessen uns ein paar Tage einfach mal durch das Potpourri aus Religion, Kunst, Essen, Handel und Hitze säuseln. Hier tröpfelt Gemütlichkeit und Gelassenheit aus allen Poren, so als würden selbst die Uhrzeiger im hiesigen feuchtheissen Klima ins Schwitzen kommen - und auch unser Tempo wurde automatisch einige Impulse träger. Das Radfahren verlor die Dominanz der letzten Monate, dafür spazierten wir stundenlang durch die Strassen und entlang der Strände.

Als erstes fällt auf, dass der Alltag hier von einer tiefen Hingabe zum hinduistischen Glauben und damit verbundenen Ritualen geprägt ist. Überall sieht man betende Menschen, die liebevoll kleine Opfergaben am Wegesrand oder in Schreine deponieren. Das ist wunderschön zu sehen. 

Dann sticht einem hier dieser unerschöpfliche Fundus an Kunsthandwerk ins Auge. Die Balinesen sind enorm kreativ und mit einem handwerklichen Geschick gesegnet. Holz- und Steinarbeiten, Bilder, Glasobjekte, Möbel und dann auch ganz viele Häuser sind in einer Pracht gefertigt, dass einem vor Staunen die Pupillen kullern. Bali hat Stil. Ich wüsste nichts Vergleichbares. In dieses Bild passen auch die vielen schönen Menschen hier, die sich noch nach alter Sitte kleiden. Wir haben den Eindruck, dass auf Bali oft noch ein traditioneller Lebensstil gepflegt wird. Etwas, das wir zum Beispiel in Malaysia und Thailand kaum mehr vorgefunden haben. 

Als nächstes merkt man, dass Bali ein grosser Handelsplatz ist. An jeder Ecke versucht jede und jeder, dem Besucher alles Erdenkliche anzubieten oder zu verkaufen. Es wird gefeilscht und verhandelt, als wäre man in einem Monopoly-Spiel. Anfänglich haben wir dieses Treiben genossen, doch bald wurden wir müde davon, weil einem alle paar Meter etwas offeriert wird und wir den Eindruck nicht los wurden, dass wir nur als potenzielle Geldquelle interessant sind. Ohne Kaufwille kamen wir kaum in Kontakt mit der Bevölkerung. Schade.

Ein wahres Fest für uns Vegetarier ist das Essen! Die indonesische Küche ist vielseitig, reich an Gemüse, Reis, Nudeln und Fisch. Sehr gesund und überaus schmackhaft. Und dazu gibt es Fruchtsäfte, Milchshakes oder auch mal den Saft einer frisch aufgeschnittenen Kokosnuss. Yummie!

Sehr gewöhnungsbedürftig ist der Verkehr. Dieser ist extrem dicht, stinkig und laut. Und in diesem Knäuel herrschen andere Regeln als wir sie uns gewöhnt sind. So zum Beispiel fädelt jeder ohne zu schauen in den Verkehr ein, denn man erwartet, dass derjenige, der von hinten kommt, aufmerksam ist und abbremst. Die Hupe ist ein wichtigstes Teil am Fahrzeug, damit kündigt man sein Kommen an. Das ist als gut gemeinte Geste zu verstehen und hat nichts mit Aggression zu tun. Lästig ist es für uns Radfahrer dennoch. Doch trotz Gewühl und Dichte geht es sehr tolerant und freundlich zu und her. Gefährlich ist es eigentlich nicht, hier Rad zu fahren, denn die Leute sind sehr aufmerksam und rasant ist man in diesem Gewusel meist eh nicht unterwegs. 
Nach einigen Tagen des Angewöhnens zogen wir los, um die Insel zu erkunden. Wir fuhren gegen Norden, überquerten die Berge, um auf der anderen Seite wieder ans Meer zu gelangen. Dann radelten wir der Küste entlang nach Osten, von wo aus wir anschliessend wieder an den Startpunkt zurückkehrten. Die Nächte verbrachten wir jeweils in einem sogenannten„Homestay“, eine Art Guesthouse, in dem wir schöne, einfache Zimmer zwischen zehn und fünfzehn Schweizer Franken, das Frühstück inbegriffen, beziehen konnten. 

Bali eignet sich schlecht zum Radeln. Zu viel Verkehr, zu steile Berge, viele desolate Strassen und zu heiss. Dafür wird man aber mancherorts mit einer phantastischen Aussicht und freundlichen Menschen, die einem ein „Hallo“ zurufen, belohnt. An den Hängen der Täler und Vulkane kleben Reisterassen, aufeinander gestapelt wie Schüsseln voller Gras. Ihr Anblick ist schlicht atemraubend. 
Für den Besucher wurde auf Bali eine enorme Infrastruktur aufgebaut. Vor allem im Süden der Insel gibt es hunderte von extravaganten Ressorts oder Hotels, die jeglichen Komfort bieten. Viele dieser Anlagen sind stylisch, wunderschön und ... isoliert - abgeriegelt vom turbulenten indonesischen Alltag. Pauschaltouristen strömen wie Fischschwärme da hinein, tummeln sich für einige Wochen an der Bar und im Pool und fliegen dann wieder zurück in die Heimat. Dagegen gibt es wohl nichts einzuwenden, bringen diese Feriengäste den Balinesen doch Arbeit und einen gewissen Wohlstand (zumindest denjenigen, die in der Touristenbranche tätig sind). Aber die Balinesen, so jedenfalls ist unser Eindruck, sind dieser Touristenmasse nicht gewachsen. Die Insel erstickt im Abfall. Umweltschutz ist ein Fremdwort und wird nicht praktiziert. Die Flüsse sind Kloaken, die Strassenränder Müllhalden. Verpackung wird an Ort und Stelle weggeschmissen. Wir haben nirgends ein sauberes Meer vorgefunden. Und wir waren doch an einigen Stränden. Überall schwimmt Plastik und anderes Zeugs herum, selbst im Süden, wo die meisten Besucher verweilen, kann man nicht unbeschwert ins Wasser hüpfen. Es ist einfach eine Schande und für uns unbegreiflich, dass dieses Juwel nicht besser gepflegt wird. Die Leute haben sich da eine instabiles Struktur aus Sand gebaut, zu nahe an den Gezeiten, und es könnte die Flut kommen und alles wegraffen. Wird nicht bald etwas unternommen, erlischt der Ruhm Balis. Wir jedenfalls würden keinem Badetouristen empfehlen, hierher zu kommen. Da gibt es weitaus schönere Orte, die erst noch näher an - oder sogar in Europa liegen.
Bald ermattete also der Glanz und die Faszination der ersten Tage. Der Blick hinter die Glitzerwelt war für uns ernüchternd; all das Liebliche, das uns anfänglich so berührt hat, wurde durch die Verschandelung erstickt, als hätte man dessen die Luft entzogen.
Und irgendwie wurden wir das Gefühl nicht los, in einem Ghetto zu weilen. Als Tourist bewegt man sich auf Bali in einer eigenen Galaxy, fernab des Hauptplaneten. Man schläft und isst in Stätten speziell für den Besucher. Da sind die Speisekarten und Informationen fein säuberlich in Englisch geschrieben, da gibt es Pizza, Spaghetti und Pfannkuchen (zum Glück aber auch indonesisches Essen), doch Einheimische trifft man hier kaum - ausser natürlich das Servicepersonal. Das finden wir sehr schade und entspricht nicht unserer Vorstellung, einem Land näher zu kommen.
Kaum auf Bali eingetroffen, mussten wir uns auch schon mit der Weiterreise befassen. Indonesien ist ein riesiges Land und wir verbrachten Stunden damit, uns für eine Route zu entscheiden. Am Liebsten wären wir über Lombok, Sumbawa, Flores und Sulawesi weitergezogen, um dann auf Borneo nach Ostmalaysia einzureisen. Doch die Transportmöglichkeiten sind sehr spärlich und unzuverlässig. Und da wir nur für zwei Monate im Land bleiben können, mussten wir uns auf ein kleineres Gebiet beschränken. 
Wir werden nur Lombok und Sumbawa (die beiden östlichen Nachbarinseln) besuchen, danach aber wieder zurück nach Bali kommen, da es von hier aus am Einfachsten ist, das Land zu verlassen. Am 26. Juni fliegen wir von Denpasar (Bali) nach Kuala Lumpur (Malaysia). Soviel steht vorerst mal fest. 
Mit einem ganz lieben Gruss 
Mich (& Kitty)




P.S. Bilder werden geladen, wenn ich an eine schnellere Verbindung komme. 

1 Kommentar:

  1. lieber mich, liebe kitty
    wowh! dass sich bali in den letzten 12 Jahren so verändert hat erschrickt. Vor allem was die auswirkungen des tourismus anbelangt.
    Der druck des westens scheint immer mehr auch auf diese wunderschönen flecken einzuwirken.
    ich beschäftige mich gegenwärtig mit der frage wie und wohin zu reisen wirklich sinn macht, ausser mit dem rad, eisenbahn oder zu fuss. fliege ich, unterstütze ich das ganze system, unweigerlich, bin ich doch ein teil davon. anyway. ich wüsche euch beiden weiterhin viel prägende eindrücke egal in welcher form. dabe vor allem gute gesundheit, unfallfreiheit, leidenschaft, und gute fahrt. liebe grüsse guido

    AntwortenLöschen