Hallo

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Radelnd die Welt erkunden

6. April 2010

Retrospektive auf zwei anstrengende Wochen

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Sawadii Kap, Sawadii Krap


Vorgestern sind wir in „Nong Khai“, einer Grenzstadt zwischen Thailand und Laos, eingetroffen. Die beiden Länder werden hier vom gemächlich dahinfliessenden Mekong getrennt, diesem mächtigen, imposanten Fluss, der wie ein riesiger Regenwurm durch einen tropischen Garten schlürft und eine Trägheit verbreitet, die uns momentan sehr gelegen kommt.




Am Mekong angekommen


Wir haben uns in einem wunderschönen Guesthouse einquartiert und geniessen Sauberkeit, Ruhe und das, dank Klimaanlage, kühle Zimmer. Hier werden wir ein paar Tage verweilen und unsere Energie für die Weiterfahrt aufpeppen; denn die ist momentan etwa so frisch wie eine Radlerhose nach einer längeren Tour in der feuchten Hitze Thailands. Mit anderen Worten: wir sind ausgelaugt, zerknittert, stinkig und müde von der letzten Woche und brauchen unbedingt eine längere Pause.






Ruhetag


Seit unserer Abreise aus Ayutthaya sind wir durch ein ständiges Wechselprogramm gezogen worden, als ob wir ein Paar Socken wären, das in einer Waschmaschine vergessen worden ist und immer wieder durch einen anderen Waschgang geschleudert wird – nur dass wir dabei alles andere als sauber wurden. Allem voran war es der dröhnende, ätzende Verkehr, der während der ersten Tage pausenlos an uns vorbeidonnerte, der uns enorm zusetzte und an unseren Nerven kaute, wie ein Biber am Baum. Die Route gegen Osten war unglücklich gewählt, wir sind tagelang auf dichtbefahrenen Strassen in einem endlosen Strom von Lastwagen durch Industriegebiete geradelt, haben in schmutzigen, heruntergekommenen Orten gegessen und geschlafen und immer wieder gehofft, dass der nächste Tag besser sein wird.

Was für ein Unterschied zur Route, die ich die Wochen zuvor gefahren bin! Welch Einstieg für Kitty!




Stinkig und laut




Das Wetter hat sich dieser Misere gleich angepasst und sich ebenfalls sehr launisch gezeigt. Mal war es so heiss, dass man kaum noch atmen konnte, ohne dass man das Gefühl hatte, die Lungenflügel schmelzen wie Plastik im Feuer, dann brach plötzlich ein Gewittersturm über uns herein, der uns bis auf die Knochen aufweichte und uns so frieren liess, dass wir meinten, wir sitzen in Badehosen auf einem Eisblock. Ein paar Stunden später brutzelten wir wieder in der Sonne wie Würstchen auf dem Grill. Dazu noch Gegenwind. Egal, in welche Richtung wir steuerten, der Wind wollte uns einfach nur von vorne sehen.




Regenfront




Waschtag


Nach fünf Tagen erreichten wir Nang Rong. In der Nähe dieser Stadt befinden sich alte Khmer Tempel (ähnlich wie Angkor Wat in Kambotscha, nur viel kleiner) und wir beschlossen, zwei Tage zu bleiben - obwohl Nang Rong überhaupt nichts Gemütliches oder Liebevolles vorzuweisen hat.







Wunderschöne Anlage


Hier fanden wir dann heraus, dass die einzige und nächste Stadt, in der ich mein Visum verlängern konnte, 75 Kilometer westlich liegt, in einer kleinen Ortschaft, die wir einen Tag zuvor durchquert hatten. Wir waren also gezwungen, den gleichen Weg zurück zu fahren, den wir bereits abgestrampelt hatten. Zu allem Pech schlug sich Kitty auf einem desolaten Gehsteig den grossen Zeh an und riss sich eine eklige Fleischwunde auf. Das war dann einfach alles zu viel für unsere lädierten Gemüter. Es war an der Zeit, das Programm neu zu formatieren und die lästigen Viren zu entfernen.

Nachdem ich meine Visumsverlängerung im Pass hatte, bestiegen wir mit Sack und Pack den Zug und fuhren 200 Kilometer in den Norden nach Khon Kaen, eine grössere Stadt im Zentrum von Isaan, der nordöstlichsten Gegend Thailands. Und das war eine gute Idee! Nachdem wir auch diesen Schmelztiegel hinter uns hatten, konnten wir nun auf ruhigen Strassen Fahrrad fahren. Endlich war die Luft nicht ständig mit Motorenlärm und Abgasen gefüllt, endlich waren wir in ländlicher Gegend unterwegs, wo uns die Leute aus ihren Hütten einen euphorischen Gruss zuriefen, endlich konnten wir während dem Radeln auch mal zusammen ein paar Worte wechseln.

Tat das gut!

Der absolute Höhepunkt war dann eine Übernachtung in einem Resort in der Nähe eines Staudammes. Wir hatten ein Zweizimmerappartement für uns alleine und die Umgebung war vollkommen ruhig. Kein Verkehr, keine laute Musik, kein Gestank, kein Schmutz und keine lärmenden Thais. Es war für uns Himmel auf Erden. Wir waren Adam und Eva im Garten Eden. Königin und König auf „Schloss Staudamm“. Als wir am Abend über die Staumauer geschlendert sind und zugeschaut haben, wie die knallrote Sonne in den ruhigen See plumpst, wurde uns wieder warm ums Herz und wir konnten uns mit diesem manchmal doch so anstrengenden Land friedvoll versöhnen.





Und so wendete sich das Ganze doch noch zum Guten. Die Radlertage nach Nong Khai waren zwar anstrengend, weil es momentan extrem heiss ist, aber dennoch genussvoll. Ebenso, wie wir uns das vorgestellt haben.

Kitty meistert die Strapazen des Veloreisens mit Bravour. Sie radelt wie eine Fee, die von Elfen getragen wird, und dies, obwohl sie doch monatelang nicht auf dem Velo gesessen ist. Für mich ein vollkommenes Rätsel. Mit den hohen Temperaturen hat sie zwar (noch) zu kämpfen, doch das können wir zum Teil umgehen, indem wir sehr früh am Morgen aufbrechen und wenn möglich nur kurze Etappen radeln. Die Nachmittage verbringen wir nicht auf dem Sattel. Es ist einfach unmöglich, in diesem Ofen Rad zu fahren.

Wir haben nun unsere Route verändert und werden nicht wie ursprünglich geplant nach Laos reisen, weil ich dadurch meine (teure) Visumsverlängerung verlieren würde. Unser nächstes Ziel wird – dreimal dürft ihr raten – Chiang Mai sein. Wir werden eine Weile dem Mekong in westlicher Richtung folgen und dann über Phitsanulok die nördliche Hauptstadt anpeilen. Die Strecke ist mir sehr gut bekannt, und ich weiss, dass wir auf diesem Weg viele schöne Etappen fahren können. Keine Experimente mehr. Wir wollen die letzten Wochen richtig geniessen können.

Und wir werden es euch wissen lassen, wie es uns dabei ergangen ist.





Seid ganz herzlichst gegrüsst.

Mich & Kitty

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