Hallo

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Radelnd die Welt erkunden

19. April 2010

Paradiesisch

Und schon wieder ein Sawadii Krap aus Thailand!

Die Strecke von Nong Khai westwärts führt fast ausschliesslich dem Mekong entlang, der rechts der Strasse leise und träge, um nicht zu sagen faul, durch die üppige Vegetation gleitet, als wäre er eine überlange, Filzpantoffeln tragende Raupe, die niemanden aufschrecken will. Die Gemächlichkeit des Flusses stülpt sich über alles, was seinen Weg kreuzt und scheint ansteckend zu sein wie eine Infektion. Man wähnt sich in einer anderen Dimension, in einer antiken Galaxie, einem längst vergessenen Kosmos, wo die Zeit gar nicht existiert. Das Leben schlägt hier nochmals ein paar Takte langsamer, als es dies in Thailand ohnehin schon tut und die Gegend trieft vor Frieden, Ruhe und Gemütlichkeit; so süss und klebrig wie eine Waffel getränkt in Honig.

Das Gebiet ist dünn besiedelt, nur ab und zu haften ein paar Hütten oder Häuser am Strassenrand, doch grösstenteils ist man hier ungestört unterwegs, kann das vom Fluss, den Hügeln und dem Dschungel geprägte Panorama, die Dichte der Flora, das Rascheln der Fauna und das dominante Flüstern des Flusses voll auf sich wirken lassen. Es ist, als befände man sich in einer dreidimensionalen Postkarte. Radelt man hier, fühlt es sich an, als werde die Seele mit Tigerbalsam einmassiert.


























Fast 200 Kilometer legt man auf einer meist gut asphaltierten, ruhigen Strasse, die sich in kleineren Falten über den satten Boden gebettet hat, zurück, dann erreicht man „Chiang Khan“, eine grössere Ortschaft und für mich die schönste Stadt Thailands. Hier kauern entlang des Mekongs wettergezeichnete, stilvolle Häuser aus Teak, die liebevoll gepflegt und mit schlichter Kreativität geschmückt werden. Kleinere, niedliche Shops mit allerlei Krimskrams, Cafés und Restaurants haben sich an der Strassenfront etabliert und laden zum Flanieren ein. Es hat kaum Verkehr, aus den nach vorne offenen Lokalen klingt ab und zu ruhige, klassische Thaimusik und die freundlichen Menschen geben eine Liebenswürdigkeit von sich, dass einem das Herz vor Rührung zu tropfen anfängt. Dazu die atemnehmende Aussicht über den Fluss zu den nahen, dunstigen Bergen von Laos. Das alles wirkt so surreal, so gar nicht glaubhaft, und es ist in der Tat schwer zu begreifen, dass dieser friedvolle Fleck, der so prall gefüllt ist mit Stille, sich tatsächlich in Thailand befindet. Dem Thailand, das einem Transistorradio gleicht, dessen Lautstärkeregler fortdauernd am oberen Anschlag eingerastet ist.














Von dieser friedvollen Atmosphäre können wir momentan nicht genug bekommen! Nicht nach der lärmenden, stinkigen, anstrengenden Zeit, die wir zuvor durchquert haben. Wir wohnen hier einmal mehr in einem wunderschönen Zimmer mit einem phantastischen Blick auf den Mekong. Uns gefällt es hier so gut, dass wir noch mehr davon kosten wollen. Es ist, als hätten wir an einem feinen Wein genuckelt und nun möchten wir noch das ganze Glas – nein, die ganze Flasche - leertrinken. Die Ruhe hier ist für uns eine enorme Wohltat und die Vorstellung, diese Oase wieder zu verlassen, zurück in die Wüste, zurück ins turbulente, laute, stinkende Thailand zu reisen, gefällt uns gar nicht. Wir wollen dieses Kleinod nicht so schnell wieder aufgeben.

Unsere Speicher sind in den letzten Wochen gefüllt worden mit Eindrücken und Erlebnissen. Die Sinne waren ständigen Einwirkungen, subtilen Stromschlägen ähnlich, ausgesetzt, und wir haben momentan keine Lust auf weitere strapaziöse Reize. Wir (oder zumindest ich) fühlen uns gesättigt. Das hat bestimmt auch damit zu tun, dass es bald nach Hause geht und wir langsam loslassen wollen (insofern die Flugzeuge wieder fliegen dürfen), aber sicher auch damit, dass wir beide die Stille als wichtigen Bestandteil für eine gute Lebensqualität erachten. Und die findet man in Thailand, zumindest auf dem Festland, eben nicht gerade vielerorts.

Also gibt es einmal mehr eine Routenänderung. Ist ja nichts Neues, wie die regelmässigen Leser bestimmt schon festgestellt haben. Wir werden nicht nach Chiang Mai fahren, sondern die schöne Strecke entlang des Mekongs zurück nach Nong Khai radeln und von dort dann den Zug nach Ayutthaya nehmen.

Am 27. April sollte uns „Emirates“ wieder zurück in die Schweiz bringen. Ob das auch gelingt, steht momentan in den Sternen, respektive hängt in einer grossen dunklen Wolke. Wir hoffen, dass sich der Himmel über Europa wieder aufhellt, denn uns zieht es zurück in die Heimat. Wir vermissen euch! Wir freuen uns auf euch, auf die Wohnung, auf Sauberkeit und Ordnung, aufs eigene WC, auf die Arbeit, ja sogar aufs kühle Klima!

Also hoffentlich bis bald.

Liebste Grüsse

Mich & Kitty

1 Kommentar:

  1. Liebe Kitty, lieber Mich

    Die Freude ist ganz auf unserer Seite, so hoffen wir, dass sich die dunkle Wolke lichtet und ihr euch schon bald im flauschigen Wollpulover auf dem Ofenbänkli kuschelt. Nein nein keine Angst so kalt ist es auch wieder nicht in der Schweiz.
    Bis bald
    Melanie & Lucas & Gian-Andri

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